Stellungnahme zur Teilfortschreibung des Kapitels 6.5 Energie des RPV Westmecklenburg im Oktober 2025
Kernaussagen dieser Stellungnahme
Westmecklenburg verfügt über enormes raumordnerisches Potenzial bzgl. geeigneter
Flächen für die Windenergienutzung. Etwa 5,6 % der Fläche standen nach Anwendung des
Erlasses zur Festlegung landesweit einheitlicher verbindlicher Kriterien für
Windenergiegebiete an Land in der Region zur Verfügung. Im vierten Entwurf (2024) wurden
2,2 % der Regionsfläche als potenzielle Vorranggebiete Wind identifiziert und dargestellt.
Der Planungsverband Westmecklenburg hat es in über 12 Jahren nicht geschafft, ein Konzept
für die Steuerung der Windenergie zu verabschieden. Zudem existiert seit Januar 2017 in der
Region keine Ausschlusswirkung zur Steuerung der Windenergie mehr, da das RREP 2011
vom OVG Greifswald für unwirksam erklärt wurde. Folglich sind Windenergieanlagen (WEA)
im Außenbereich nach §35 BauGB grundsätzlich zulässig. Insbesondere WEA-Standorte in
Gebieten der Kulisse des vierten Entwurfs (2024) sind aus raumordnerischer Sicht besonders
geeignet und genehmigungsfähig.
Der avisierte (finale) 5. Entwurf - Beschlussvorlage VV-05/25 - zeigt eine stark modifizierte
und auf 1,4 % reduzierte Gebietskulisse auf. Unzählige Gebiete, welche fortwährend in den
vorangegangenen vier Entwürfen (2016–2024) enthalten waren, sowie in diversen
Beteiligungsrunden und Abwägungsverfahren bestätigt wurden, werden “abrupt” nicht
mehr als geeignete Vorranggebiete identifiziert und dargestellt.
Aufgrund der enormen zeitlichen Verschleppung der Aufgabe, geeignete Vorranggebiete für
die Windenergienutzung in Westmecklenburg festzulegen und auf Basis der
wiederkehrenden regionalplanerischen Bestätigung der o. g. Gebiete, wurden in den letzten
Jahren auf diesen Flächen durch diverse Vorhabenträger Projekte weiterentwickelt und
entsprechende BImSchG-Genehmigungsanträge für WEA beim Staatlichen Amt für
Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg eingereicht (133 WEA mit 797 MW in 11
Gebieten, die viermal in allen Entwürfen bestätigt wurden / 23 WEA mit 126 MW in 3
Gebieten, die in drei Entwürfen bestätigt wurden / 52 WEA mit 359 MW in 4 Gebieten, die
in zwei Entwürfen bestätigt wurden / 27 WEA mit 130 MW in 11 Gebieten, die einmal im
Entwurf dargestellt wurden).
Besonders problematisch ist, dass die klar gesetzlich geregelten Bearbeitungsfristen
(Verfahrensdauer für BImSchG-Anträge) bei über 200 WEA in den o. g. Gebieten
überschritten wurden. Eine eventuelle Ablehnung der Genehmigungsanträge auf Grundlage
regionalplanerischer Aspekte beinhaltet Schäden über ein entgangenes Investitionsvolumen
von etwa 3,5 Milliarden Euro sowie weitreichende wirtschaftliche Schäden für Landeigentümer,
Landwirte, Subunternehmen, Dienstleister und Gemeinden (entfallene
BüGem-Zahlungen von etwa 340 Millionen EUR). Für die Vorhabenträger würden sich
erhebliche und existenzdrohende Folgen ergeben. Folglich sehen sich diese gezwungen,
jegliche zur Verfügung stehenden Rechtsmittel einzulegen und Schadensersatz einzufordern.
Am 01.10.2025 soll auf der 75. Verbandsversammlung die Teilfortschreibung Kapitel 6.5
Energie mit dem 5. Entwurf - Beschlussvorlage VV-05/25 - zum Abschluss gebracht werden.
Es ist kein anschließendes Beteiligungsverfahren und keine weitere Abwägung vorgesehen.
Die fehlende, erneute Beteiligung stellt jedoch einen Verstoß gegen § 9 Abs. 3 ROG dar. Eine
Verletzung der Beteiligungsvorschrift des § 9 ROG ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 ROG eine
beachtliche Verletzung von Verfahrensvorschriften des ROG. Die vorangegangene
Bekanntgabe und Öffentlichkeitsbeteiligung zum Beschluss zur Reduzierung der
Flächenkulisse ersetzt nicht die ausstehende Beteiligung nach § 9 Abs. 3 ROG.
Solange die Teilfortschreibung des Kapitels 6.5 des RREP WM nicht in Kraft ist, entfaltet der
5. Entwurf - Beschlussvorlage VV-05/25 - keine „negative Vorwirkung“. Auch außerhalb der
geplanten Windenergiegebiete bleiben Windenergieanlagen raumordnungsrechtlich
zulässig.
Forderung des Landesverband Erneuerbare Energien Mecklenburg-Vorpommern
Der LEE MV fordert den Planungsverband dazu auf zur ursprünglichen Planung von 2,1 % der
Regionsfläche für Vorranggebiete Wind im einstufigen Verfahren bis 2027 zurückzukehren
sowie zumindest den aktuellen Entwurf in einer geeigneten Form zu überarbeiten, so dass
Gebiete, welche bereits seit Jahren in den vergangenen Entwürfen bestätigt wurden, als
Vorranggebiete Wind mit aufgenommen werden.
Zudem sollten alle weiteren Potenziale/Flächen aus dem vierten Entwurf vom 24.04.2024
zumindest als Vorbehaltsgebiete ausgewiesen werden, damit in den nächsten Jahren in
diesen Gebieten keine der Windenergie entgegenstehenden Vorhaben
genehmigt/umgesetzt werden (Konservierung).
Mit Blick auf die laufenden BImSchG-Genehmigungsverfahren in den seit Jahren diskutierten
Windenergiegebieten (innerhalb der Entwurfskulisse vom 24.04.2024 mit 2,2 %), welche nun
aus der aktuellen Entwurfskulisse herausfallen sollen, und dem damit verbundenen
wirtschaftlichen Schaden sowie drohenden Schadensersatzforderungen, regen wir als LEE
MV an, eine Übergangslösung für jene Windenergieanlagen/Projekte zu schaffen, für die im
BImSchG-Genehmigungsverfahren die Vollständigkeit festgestellt bzw. für die bereits die
fachbehördliche Beteiligung gestartet wurde. Unter dem Mantel des Vertrauensschutzes
sind für diese Windenergieanlagen/Projekte entsprechende Sonderregelungen zu
formulieren sowie Übergangsvorschriften aufzunehmen.
Die laufenden Genehmigungsverfahren beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und
Umwelt Westmecklenburg müssen zügig abgearbeitet und beschieden werden. Die
Energiewende und die politisch gesetzten Ausbauziele können nur erreicht werden, wenn
klare Fristen und Verbindlichkeit bei der Bearbeitung von Genehmigungsanträgen
eingehalten werden.
Für den 5. Planungsentwurf ist eine finale Öffentlichkeitsbeteiligung und
Behördenbeteiligung sowie eine anschließende, rechtskonforme Abwägung durchzuführen.