Mehr grüne Energie

Biogas-Bauern in MV fahren Kraftwerke hoch

Von Torsten Roth | SVZ 26.10.2022

Der Bund erleichtert die Erzeugung von Biogas in den 540 Anlagen in MV, schränkt sie aber mit seinen Übergewinn-Plänen wieder ein. Worauf sich Biogas-Bauern einstellen müssen.

Brenner an: MV fährt die Biogasanlagen hoch und liefert mehr grüne Energie. Die Betreiber der Öko-Kraftwerke wollen nach der von Berlin gestrichenen Kapazitätsbegrenzung die Strom- und Gasproduktion ausbauen, kündigte Maik Orth vom Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) in MV an. Die Branche wolle alles tun, um die Kapazitäten auszubauen und angesichts der Gasknappheit Erdgas für die Stromproduktion durch Biogas zu ersetzen. „Jede Kilowattstunde Biogas kann eins zu eins Erdgas bei der Verstromung ersetzen“, meinte Orth.

Bund setzt Kapazitätsbeschränkung aus

Bisher war die Maximalleistung einer Biogasanlage auf 95 Prozent begrenzt worden. Mit dem neuen Energiesicherungsgesetz hat der Bundestag jetzt beschlossen, zunächst bis Ende 2023 die Beschränkung auszusetzen und die gesamte Bemessungsleistung der Anlagen zu vergüten. Auch der sogenannte Güllebonus solle flexibilisiert werden. Dieser werde vorübergehend nicht mehr gestrichen, nur weil die Betreiber kurzfristig die Substratzusammensetzung geändert und die Anlagen nicht mit dem erforderlichen Gülleanteil beschickt haben. Damit könne ohne Gefahr die Produktion erhöht worden, ohne dass der Bonus gekürzt werde, sagte Orth. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte darauf gedrungen, möglichst viele Energiequellen anzuzapfen, um den Ausfall russischen Gases zu kompensieren. Noch müsse allerdings die EU die Neuregelung genehmigen. Die Branche gehe davon aus, dass Brüssel die erforderliche Zustimmung geben werde, so Orth.

Ersatz für fünf Prozent Russen-Gas

Das könnte die Versorgungssicherheit erhöhen und die Preise geringfügig dämpfen: Angaben des Fachverbandes Biogas zufolge könnten die mehr als 9000 Biogasanlagen in Deutschland etwa fünf Prozent der Vorkriegs-Liefermengen an russischem Gas durch die Verwertung von Mais, Gülle und anderem Material ersetzen. Die Leistung der 540 Anlagen in MV reiche, um bis zu 40 Prozent des Erdgaseinsatzes durch Biogas zu ersetzen, erklärte Orth. Das könnte noch ausgebaut werden. Zwar hätten sich auch die Preise für das Substrat in den Biogasanlagen deutlich erhöht. Noch lohne der Betrieb der Anlagen aber, sagte Orth.

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Berlin will Übergewinne abschöpfen – Branche läuft Sturm

Die Branche läuft allerdings derzeit erneut Gefahr, nach der Aufhebung des Deckels für die Energieerzeugung aus Biomasse doch wieder begrenzt zu werden. So will die Bundesregierung Übergewinne der Biogasanlage-Betriebe abschöpfen, kritisierte Orth. Nach den bisherigen Plänen sollen 90 Prozent der Erlöse über einen bestimmten Referenzwert hinaus abgeschöpft werden – sogar rückwirkend bis März 2022. Das würde die Öko-Stromproduktion wieder zurückwerfen, sagte Orth. Die Bioenergiebranche sei zwar grundsätzlich bereit, in der aktuellen Krisensituation einen Beitrag zur Finanzierung von Entlastungsmaßnahmen zu leisten, sagte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Die Pläne würden jedoch zur Abschaltung einer Reihe von Anlagen führen: „Wer glaubt, dass Biogasanlagen im Jahr 22/23 übermäßig hohe Gewinne erzielen, der irrt. Auch Betreiber dieser Anlagen sind massiven Kostensteigerungen bei festen und variablen Kosten ausgesetzt“, sagte der DBV-Chef. Eine rückwirkende Abschöpfung würde das Vertrauen von Firmen und Betreibern in die Zuverlässigkeit der Politik nachhaltig zerstören.

Wirtschaftlichkeit der Anlagen in Gefahr

Mit den Plänen sei die Wirtschaftlichkeit vieler mittelständischer Biogasanlagen, die bislang trotz massiv gestiegener Vorkosten zuverlässig Strom erzeugt hätten, gefährdet, kritisierte auch Jens Soecken von der Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe. Es wäre ein verheerendes Signal an die Branche, wenn etwa Steinkohlekraftwerke wegen gestiegener Vorkosten von der Abschöpfung ausgenommen würden, mit nachwachsenden Rohstoffen betriebene Kleinkraftwerke aber nicht.